Dänemark - Schweden


Skizzen zum Münzmeister und dänisch-königlichen Vogt
Heinrich (Henrik) Dringenberg in Malmø

(Beiträge zur Familien- und Namensforschung Dringenberg, 3)


Unsere „nördlichen Nachbarn“ stellen sich in der politischen Geographie des 15.Jh. anders dar als heute.

Um das 15. Jahrhundert herum spricht man in der Geschichte Skandinaviens von der „Unionszeit“ (1389-1523). Kulturelle und sprachliche Gemeinsamkeiten kommen zum Tragen, wenn der jeweilige Herrscher mit Fortune regiert. Aber der Adel will mitregieren und setzt sich besonders gegen Fremdherrschaft zur Wehr. Dänemark baut in dieser Zeit seinen Einfluss aus, während Norwegen wirtschaftlich krankt und Schweden politisch zerrissen ist.

Der dänische Reichstag setzt 1439 König Erich („der Pommer“) förmlich ab und wählt seinen Neffen Christoph II. von Bayern (!) als Nachfolger. Dieser stirbt 1448 kinderlos. So folgt in Dänemark und Norwegen Christian I. von Oldenburg (1448–1481, *1426, †1481; ein Neffe Adolfs, Herzogs von Schleswig und Grafen von Holstein, der selbst die Krone ablehnt). Christian heiratet die Witwe seines Vorgängers, Dorothea von Brandenburg (†1496). Der "Unionsvertrag von Bergen" mit Norwegen verfügt eine ewige Vereinigung der Reiche Dänemark und Norwegen mit gemeinsamer Königswahl, erkennt aber Norwegens Selbstständigkeit an.

In Schweden wird Karl Knutsson Bonde zum König gewählt, kann sich aber nur vorübergehend durchsetzen (1448–1457, 1464–1465, 1467–1470). Karl hat Gotland besetzt, das jedoch durch Verrat an König Christian ausgeliefert wird. Ein jahrzehntelanger Streit entbrennt um diese Insel zwischen Dänemark und Schweden. Adel und Kirche in Schweden erklären sich für Christian, der in Uppsala zum König von Schweden gekrönt wird.
Nach dem Tod Adolfs, des letzten Schauenburgers, in Holstein wird, ohne Rücksicht auf die in ihrer lippischen Heimat und Südholstein begüterte Linie der Schauenburger, Christian von den Ständen zum Herzog von Schleswig und zum Grafen von Holstein gewählt, unter voller Wahrung der Selbstständigkeit der Lande.
Eine wechselhafte Geschichte setzt sich fort, bis 1523 unter Schwedens Gustav Wasa Dänemarks Vorherrschaft (Christian II.) gebrochen ist.


Die Geschichte des vormaligen Goldschmieds Heinrich Dringenberg aus Westfalen (so vermutet man in einer dänischen Quelle seine Herkunft) lässt sich nach unseren Unterlagen ab dem Jahr 1450 skizzieren. Da ist er Bürger von Kopenhagen, erhält aber schon mit seiner Frau Adele aus der Stadtkasse in Malmø 50 Mark jährlich. Das Privileg soll auf einen Königsbrief Christophs (von Bayern) zurück gehen. 1455 ist Heinrich (besser: Henrik) Stadtrat in Kopenhagen.

Gleich gegenüber von Kopenhagen, auf der anderen Seite des Øresund, liegen die beiden schwedischen Städte, in denen die Familiengeschichte dieser Linie heute noch nachzuspüren ist: Malmø und Lund.
In seine Amtszeit als Stadtrat hinein erfolgt Henriks Berufung als Münzmeister und Vogt nach Malmø. Er wird zwar erstmalig 1457 mit diesen Titeln urkundlich erwähnt, folgt aber offensichtlich unmittelbar nach Hans Mindel († 1455) als Nachfolger in dessen Amt als „myntmästare“ oder „Möntmester in Danmarck“ (Christian I.). Er prägt die Silbermünzen des Reiches, wofür sein Beruf als Goldschmied eine wesentliche Voraussetzung lieferte, und wird in dieser Zeit seinen Wohlstand weiter gemehrt haben.
Malmø kommt im 15.Jh. eine wesentlich größere Bedeutung zu als das allzu ferne Stockholm.

Henrik wirkt auch als „“Fogdt“, i.e. als Repräsentant des Königs in der Stadt. Er überwacht die Rechtssprechung und den Strafvollzug ebenso wie das gute Funktionieren der Steuererhebung für seinen Herrn.

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Henriks Amt als Münzmeister dürfte weit über die Wahrnehmung eines - wenn auch auf hohem Niveau betriebenen - Handwerks hinaus gereicht haben. Im Verein mit der Aufgabe des Vogtes kann man von nennenswertem Einfluss sprechen, den er zwischen 1455 und 1500 im dänischen Reich - und hier in Schweden - besessen hat. Dazu gehörte ein mehr als bürgerlicher Hausstand und ein Vermögen, das ihm u.a. die Errichtung einer eigenen Kapelle erlaubte (vgl.u.)








The Dringenberg House
Byggheer: Myntmästare Henrik Dringenberg

„Dringenbergska gården“ bezeichnet heute offenbar einen Komplex im „alten Malmø“, der – wenn auch längst anders genutzt – noch gut zu identifizieren ist. Hinter der Franz-Suells-Statue liegt nach unseren Unterlagen - und bislang leider ohne eigene Anschauung vor Ort - ein Gebäudekomplex, in dem heute offenbar (auch?) ein Privates Gymnasium „Pro Civitas“ untergebracht ist. Henrik Dringenbergs Nachfolger im Amt des Münzmeisters, Jörgen Kock, hat seinerseits Dokumente hinterlassen, wonach das ursprüngliche Haus Dringenberg exakt mit der Lage des fraglichen Hofes Nr. 403 übereinstimmt. Auf Pfingsten 1500 - vermutlich kurz vor Henriks Tod - heißt es in einem Tauschvertrag: „Des alten Münzmeisters Hof am Strand“, und in Verbindung mit späteren Dokumenten (so eine exakte Lagebeschreibung aus 1549) wird dieser Ort bestätigt
.



Die Lage des Dringenbergska gården und des o.g. Gymnasiums ist rechts mit dem unteren Stern angezeigt.

Henrik nahm sein Amt als königlicher Repräsentant über die erstaunliche Zeitspanne bis 1491 wahr. So muss es nicht verwundern, dass dem Bürgerlichen im feudalen Milieu besondere Möglichkeiten offen standen. Er besaß genügend Immobilien in Malmø und Kopenhagen, um als besonders wohlhabend zu gelten. So tat er es adligen Herren nach und mühte sich um einen wohl vorbereiteten Platz auch im Jenseits. Östlich von St. Petri ließ er um 1460 eine Kapelle errichten und den Heiligen Drei Königen weihen. Hier wurden er und andere Familienangehörige später beigesetzt. Henrik Dringenberg starb zwischen Juni 1500 und Februar 1501.

Aufgrund seiner Spenden und Gaben für die Kirche über den Tod hinaus wurden Messen für ihn gelesen, was dem Vernehmen nach mit der Reformation (hier 1528) deutlich nachließ. Immerhin sollen die Abgaben (aus welchem Fundus eigentlich?) bis in das 20.Jh. hinein angefallen sein - zuletzt ganze 24 Øre.

Die vormalige Kapelle soll später als Bibliothek gedient haben, in der auch die „Dringenbergische liberiet“ verwahrt wurde. Solche Angaben stammen aus dem Jahre 1963 (vgl.u.). Es bleibt zu prüfen, was heute davon noch zu finden ist. Das gilt auch für den Rest eines Messgewandes, ein Textilkleinod, das „Heinrich Dringenberghs“ Wappen noch erkennbar zeigen soll(te): drei goldene Rosetten auf einstmals rotem Grund.

Der Hof 403 blieb bis Anfang des 17.Jh. im Besitz der Familie Dringenberg. Die Tochter von Henrik und Adele hieß Dorothea. Dazu wurden zwei weitere Dringenbergs bekannt, ohne dass deren Verwandtschaftsverhältnis konkretisiert wurde: zwei weitere Henriks offenbar, in der Sohn- und Enkelgeneration. Schließlich wird noch von einem Staffan Dringenberg zu Beginn des 16.Jh. berichtet. Der Legende nach sollen er und ein Henrik Dringenberg eine geheimnisvolle Rolle bei der Verhandlung zweier Könige gespielt haben.

Es gibt in der Tat ein Zeugnis, wonach Jörgen Kock 1524 die Rolle des Gastgebers für Gustav Wasa in Malmø spielte. Ob überhaupt der Gegenspieler (Friedrich von Holstein) gleichzeitig zugegen war, ist nicht überliefert. Was darüber hinaus die Dringenberg-Nachfahren im Kontext des „Malmø-Rezess“ zu tun haben mochten, bleibt vielleicht eher journalistische Phantasie? 1608 verkaufte Beate Baltnersdatter - Enkelin von Peder Dringenberg aus Lund, das Grundstück an Jost Ledebur, Ratsherr und Bürgermeister.




Fundstellen








Dringenberg, Reinhard: Ein Zeitungbericht - Fünfhundertjährige Malmö-Geschichte wird der Nachwelt erhalten: Lübecker Herberge, Frauengefängnis und Schule. In: Nachrichten der Familie Dringenberg Bergede Nr. 14 (August 1981), p. 15ff.

Darin: ein Zeitungsartikel des Sydsvenska Dagbladet Snällposten vom 31.1.1963 in der Übersetzung eines Familienmitglieds.

Der Große Ploetz (33) 2003: Skandinavien im Spätmittelalter, p. 596ff.

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Zur Herkunft des Henrik Dringenberg siehe den Beitrag Dringenberg 5 dieser Reihe aus 2004.

Stand: Oktober 2003

Die Reihe der Artikel zu "Notizen der Geschichte" im Rahmen der DRINGENBERG-Forschung befindet sich noch im Aufbau.